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Duales Bildungssystem am Puls der Zeit

Im Rahmen einer Projektarbeit beschäftigten sich Elektroinstallateur/-innen EFZ am Bildungszentrum Interlaken im dritten Lehrjahr mit globalen Herausforderungen. Nebst aktuellen, berufsnahen Themen wie der Stromknappheit, erneuerbaren Energien oder dem Konflikt zwischen Russland und dem Westen haben sich Lara von Allmen, Lionel von Grünigen und Joel Kuhnen für das Thema «Wasserversorgung in Afrika» entschieden. «Nachdem zwei von uns in den Herbstferien verreist sind, konnten wir feststellen, dass es nicht in jedem Land selbstverständlich ist, dass sauberes Trinkwasser aus fast jedem Wasserhahn fliesst. In Afrika ist dieses Problem in einigen Regionen so gross, dass sogar täglich Menschen verdursten», begründet die Gruppe ihre Themenwahl. «Uns hat sehr überrascht, dass es 1,1 Milliarden Menschen gibt, welche keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Davon sterben jährlich 2,2 Millionen, die meisten davon sind Kinder».

Die zukünftige/n Elektroinstallateure/-in Lionel von Grünigen, Lara von Allmen und Joel Kuhnen (v.l.n.r.) präsentieren ihre Projektarbeit «Wasserversorgung in Afrika» im ABU Untericht.



Keine erneuerbare Ressource

Das Thema Wasserversorgung mag anlässlich der aktuellen Krisen etwas in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung gerückt sein. Dennoch ist es so aktuell wie nie zuvor: «Solange wir Wasser aus unseren Gletschern und Seen trinken können, haben wir kein Problem. Doch sind die Gletscher einmal geschmolzen, ist eine grosse Menge an Strom nötig, um das Grundwasser an die Erdoberfläche zu pumpen», bestätigt Ulrich Graf, ehemaliger Leiter des Fachbereichs Wasserversorgung beim Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern. Der Bauingenieur FH war mehrere Jahre als Projektleiter für Wasserprojekte in Afrika tätig. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz arbeitete er als Fachingenieur für Wasser beim DEZA, als Trinkwasserinspektor beim kantonalen Labor und schliesslich bis zu seiner Pensionierung als Abteilungsleiter beim Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern. Doch auch in seiner Freizeit beschäftigte das Thema Wasser den Thuner stets: Er war Gründungsmitglied beim Verein Thun-Togo, mit dem er bis ins Jahr 2016 Wasserprojekte im Thuner Partnerdorf Gadjagan in Togo und dessen Umgebung betreute.

Der Thuner, Ueli Graf, unterstützt die Lernenden mit Rat und Tat.


Nicht immer ist Hilfe nachhaltig

Ulrich Graf stellte sich als Interviewpartner für die drei Berufslernenden zur Verfügung, welche ihm Fragen zu seinen Tätigkeiten und zu seiner Einschätzung der Wasserknappheit in Afrika stellen durften. «Es ist nicht so, dass es in Afrika zu wenig Wasser hätte, jedoch ist die Infrastruktur nicht vorhanden, um das saubere Grundwasser an die Erdoberfläche zu pumpen», berichten die drei. Um aufzuzeigen, wie das Grundwasser von den zahlreichen Gesteins- und Sandschichten gereinigt wird, hat Joel Kuhnen einen Wasserfilter gebaut. «Von Ulrich Graf haben wir erfahren, dass rund 80 Prozent der Wasserspender bereits wenige Jahre nach der Installation durch Hilfsorganisationen nicht mehr funktionieren.» Oft sei der Fall, dass die Einheimischen nicht über die Möglichkeiten und Mittel verfügten, kaputte Wasserhähnen zu reparieren und stattdessen wieder das schmutzige Wasser aus den Teichen trinken.


Sinnvolle Vorarbeit für die Prüfungsnote

Als Abschluss ihrer Berufslehre verfassen Lernende im Fach Allgemeinbildung eine sogenannte Vertiefungsarbeit, die einen Drittel ihrer Abschlussnote ausmacht. Die Projektarbeit im dritten Lehrjahr stellt eine Vorbereitung dieser Abschlussarbeit dar und gibt den zukünftigen Elektroinstallateur/innen die Möglichkeit, die notwendigen Kompetenzen – wie z.B. das Führen eines Interviews – zu üben.

«Nachhaltige Bildung mit nachhaltigen Themen, aktuell und adressatenbezogen sind eine Stärke des dualen Bildungssystems. Wir lehren und lernen nicht nur an theoretischen Modellen sondern verbinden im Unterricht Praxis und Theorie», ergänzt Rektor Ernst Meier und freut sich über den Einsatz der jungen angehenden Fachkräfte.


Lange Wege und wenig Zeit

«Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden», sagt Lara von Allmen. Die drei haben schon mal zusammen eine Arbeit über Elektroautos geschrieben und schnell bemerkt, dass sie sich bei der Zusammenarbeit aufeinander verlassen können. Zeit für ausserschulische Treffen bleibt ihnen nebst der anspruchsvollen Lehre und teils langen Schulwegen kaum. Joel Kuhnen und Lionel von Grünigen kommen aus St. Stephan bzw. Gstaad – beides Regionen, die gemäss Ulrich Graf in Zukunft als erstes von einer Wasserknappheit betroffen sein könnten.


Die zukünftige/n Elektroinstallateure/-in Lara von Allmen, Joel Kuhnen und Lionel von Grünigen (v.l.n.r.) mit ihrer fachkompetenter Unterstützung, Ueli Graf, ganz links im Bild.


Text: Lorina Winkler, zuständige ABU-Lehrperson am bzi


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